Bestimmt haben Sie schon die diesjährige Werbung von EDEKA gesehen: Familie Müller geht mit ihrer Tochter einkaufen und überlegt, welche Speisen dieses Jahr zu Weihnachten auf den Tisch kommen. In der Rückblende gab es im vorletzten Jahr japanisch und im letzten Jahr marokkanisch, weil der jeweilige Partner der Tochter aus diesem Land kam. Und während der italienische Verkäufer hinter der Fleischtheke Saltimbocca mit Parmaschinken, Salbeibutter und Weißweinsauce empfiehlt, ruft die Tochter entzückt: „Italienisch, lecker!“ Wir hoffen, der Verkäufer wurde nicht das nächste kulinarische Opfer. Jedenfalls ist japanisches Essen, auch wenn der Partner oder die Partnerin nicht aus diesem Land stammt, eine hervorragende Idee, und zwar zu allen Jahreszeiten. Dass die japanische Küche aber viel mehr zu bieten hat als Sushi und Co., zeigt Tim Anderson mit seinem kulinarischen Werk „TOKYO STORIES“.
Tokyo-Kenner, Koch und Autor Tim Anderson entführt uns in das kulinarische Japan, denn „TOKYO STORIES: Ein japanisches Kochbuch“ ist alles, nur nicht gewöhnlich. Über 80 vor Ort recherchierte Rezepte zeigen uns die Vielfalt der japanisch-urbanen Küche der vielen Restaurants, Luxushotels und Imbissbuden an der Ecke. Zwischen Ramen, Udon-Nudeln und Onigiri verstecken sich auch kleine Schätze wie Agemanju oder ein Ebikatsu-Burger. Die spannenden Anekdoten, die kreative Gestaltung zusammen mit den faszinierenden Food- und Reportagefotos machen dieses Buch zu einem wahren Erlebnis für jede Küche und jedes Buchregal. Ein Muss für jeden Tokyo-Fan – oder die es noch werden wollen – und für alle, die verdammt gutes japanisches Essen lieben.
Wenn Sie jetzt schon zu oder noch vor Weihnachten die Essstäbchen schwingen wollen, hat QUALITY ein leckeres Rezept für Sie aus „TOKYO STORIES“ herausgesucht: Agemanju, süße Klößchen in Tempura frittiert. Wussten Sie, dass man in Japan nicht „Guten Appetit!“ wünscht, sondern sich vorher für das Essen bedankt? „Itadakimasu“ lautet das Zauberwort, das man an sich selbst richtet.
„In Asakusa liegt die Nakamise Dori, eine von unzähligen Touristen heimgesuchte Einkaufsstraße, die vom berühmten Kaminarimon-Tor zum Tempel Senso-Ji führt. Hier drängen sich staunende Tokyo-Besucher aus dem Ausland wie dem übrigen Japan, und die Läden verkaufen skurrile bis hässliche Japansouvenirs wie Godzillaiguren, Winkekatzen aus Plastik, Billigkimonos, Stirnbänder und T-Shirts mit anstößigen Aufdrucken wie „foreign devil“ oder „looking for a Japanese girlfriend“. Doch es gibt auch einige Juwelen in der Nakamise Dori: eine Boutique mit wunderbaren, handgemachten Essstäbchen, ein Geschäft mit alten japanischen Drucken, einen Laden, der schöne Fächer aus altem japanischen Papier fertigt und einen Stand am hintersten Ende, der Agemanju verkauft. Holen Sie sich ganz frisch und heiß eines dieser süß gefüllten, in leichtem Tempura-Teig ausgebackenen Klößchen und am Stand daneben eine Flasche Ramune. Dann blicken Sie auf die berühmte rote Laterne am Kaminarimon und genießen Ihren Snack und den Räucherstäbchenduft, der über dem Tempel wabert. Das mag touristisch und kitschig klingen, doch für mich ist genau das eine essentielle Tokyo-Erfahrung. Dieses Rezept ist für mit süßer roter Bohnenpaste gefüllte Agemanju, aber man kann es mit verschiedenen anderen Füllungen machen. Gesüßter Kabocha-Kürbis ist einer meiner Favoriten. Am besten verwendet man ein Küchenthermometer.“
ERGIBT 8 KLÖSSCHEN
Für den Teig
80 ml Milch
200 g Mehl
2 EL Zucker
1 TL Backpulver
1 TL Pflanzenöl
500 g süße rote Bohnenpaste
Für den Ausbackteig
80 g Mehl
20 g Speisestärke
1 TL Backpulver
1 Prise Salz
90 ml kaltes Sprudelwasser
Pflanzenöl zum Frittieren
ZUBEREITUNG
Milch, Mehl, Zucker, Backpulver und Pflanzenöl verrühren, bis ein weicher Teig entsteht. Den Teig einige Minuten kneten, in 8 Stücke teilen und diese zu Scheiben von rund 9 cm Durchmesser ausrollen. Jeweils 1 großen Löffel der Bohnenpaste mitten auf die Teigscheiben setzen, dann den Teig über der Füllung zusammenfalten und gut zusammenpressen. Für mindestens 30 Minuten in den Kühlschrank stellen. Inzwischen Mehl, Speisestärke, Backpulver und Salz vermengen, dann das Sprudelwasser untermischen. Der Ausbackteig soll leicht klumpig bleiben, so wird die Kruste leicht und zart.
Das Öl auf 180 °C erhitzen. Wenn kein Thermometer verfügbar ist, zum Testen etwas Teig in das Öl tropfen lassen. Sinkt er hinab, ist das Öl zu kalt. Schwimmt der Teig sofort unter Zischen nach oben, ist es zu heiß. Sinkt der Teig gerade unter die Öloberfläche, steigt dann auf und zischt, ist es perfekt. Die Klößchen in den Ausbackteig tauchen, dann 6 Minuten frittieren, bis die Kruste fest und goldgelb ist, dabei die Klößchen einmal wenden. Auf Küchenpapier abtropfen und heiß genießen.
Adresse
Asakusa Kokonoe 浅草九重
Asakusa, 〒111-0032, agemanju.jp
Über den Autor
Tim Anderson ist Koch, Autor und „MasterChef“-Champion. Geboren und aufgewachsen in Wisconsin, studierte er die japanische Esskultur und lebte zwei Jahre in Japan. Nach seinem Umzug nach London gewann er 2011 die TV-Kochshow „MasterChef“, was ihn gleichzeitig zu einer der bekanntesten Stimmen Großbritanniens für japanisches Essen machte. 2013 eröffnete er sein japanische Pop-up-Restaurant „Nanban“, Ende 2015 folgte das gleichnamige Restaurant im Herzen von Brixton, das laut Michelin eine gelungene Mischung aus Ramen-Bar und Izakaya darstellt.
Tim Anderson, „TOKYO STORIES: Ein japanisches Kochbuch“, Südwest Verlag, 2020
Der Beitrag Im Land der aufgehenden Sonne erschien zuerst auf Quality Magazine.